Faserleinanbau und Flachsfest im Freilichtmuseum Molfsee

Susann Assenheimer betreut und bewirtschaftet einen von mehreren historischen Gärten im Freilichtmuseum Molfsee in Norddeutschland. Sie hat in diesem Jahr verschiedene Flachssorten angebaut, darunter auch Felice aus unserem Projekt 1qm Lein. Die Erfahrungen und das positive Feedback der Besucher:innen haben sie motiviert, den Anbau im kommenden Jahr auszuweiten und einen Färbe- und Faserpflanzengarten anzulegen. Über ihre Erfahrungen und Pläne hat sie uns einen ausführlichen Bericht geschrieben, den wir nachträglich in ein Interview umgewandelt haben. Herzlichen Dank, Susann, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst!

Wie kam es dazu, dass du Flachs im Freilichtmuseum Molfsee angebaut hast?

1qm Lein, kurz und knapp gesagt und sofort in meinem Kopf gespeichert. So bin ich aus
einem Gespräch mit unserer Direktorin Frau Kerstin Poehls gegangen. Ich betreue und bewirtschafte einen von mehreren historischen Gärten im Freilichtmuseum Molfsee in Norddeutschland.

Der Garten, in dem ich arbeiten darf, ist aus der Zeit von ca. 1850. Es ist ein reiner Versorgergarten und wird mit den Gemüse- und Obstsorten bestückt, die es zu der Zeit in Norddeutschland gab. Tomaten haben da keinen Zutritt.

Nachdem ich aus dem Gespräch mit Frau Poehls gegangen bin, habe ich mich am selben Abend zu Hause hingesetzt und erste Informationen über Euer Projekt 1qm Lein gelesen. Ich war Feuer und Flamme und freute mich, dass das Freilichtmuseum Molfsee an dieser Aktion teilnehmen wollte.

Ich bestellte die Saat für mich zu Hause und natürlich auch für einige Quadratmeter mehr, um den Flachs im Museum erst einmal in kleinerem Rahmen anzubauen. Ich suchte mir noch weitere Faserleinsorten und baute insgesamt 3 verschiedene Sorten auf insgesamt ca. 12 qm an: Felice, Tango und Avian.

Wie hast du den Flachs angebaut?

Immer sortiert in Viererreihen, damit ich später auch sehen und dokumentieren konnte, welche Saat wie wächst, Samenkapseln bildet und wie unterschiedlich die Wuchshöhe im Vergleich sein wird. Deshalb freue ich mich sehr, dass 2026 historische Saat von VERN angeboten wird. [Dazu mehr in unserem Blogbeitrag zum Citizen Science-Projekt]. Eine weitere schöne Möglichkeit, die Saat in Bezug auf den vorhandenen Boden und hiesigen Witterungsbedingungen für den Anbau zu testen.

Was hat sich aus dem Anbau 2025 für dich ergeben?

Die Ausarbeitung und das Mehren von speziell diesem historischen Wissen ergibt für mich eine tolle neue Aufgabe. Daraus folgt, dass das Freilichtmuseum Molfsee einen Faser-und Färbergarten anlegen wird. Zu dem Faserlein werde ich auch Fasernessel und wenn es genehmigt wird auch Nutzhanf anbauen. Wie groß wir den Garten anlegen werden, das steht noch nicht ganz fest. Stück für Stück sinnvoll erweitern, das ist der Plan.

Zur Verarbeitung gehört auch das Färben. Aktuell suche ich in historischen Büchern nach Färberpflanzen, die es zwischen 1700 und 1900 in Norddeutschland gegeben hat. Über einen Erfahrungs- und Wissensaustausch speziell über Färberpflanzen, Flechten und Pilze bin ich offen und sehr dankbar. Ich stehe schon im Kontakt mit Frau Dr. Renate Kaiser-Alexnat vom Institut für Färberpflanzen.Die Kombination mit dem 1qm Lein und den Färberpflanzen finde ich sehr interessant und sie passen vom Thema Ver- und Weiterverarbeitung sehr gut zusammen und geben ein stimmiges Gesamtbild ab. 

 

 Wie war euer Flachsfest in diesem Jahr?

Unser Brechfest, wir sagen dazu Brakköst, hatten wir am 27.September. Es waren sehr viele interessierte Besucher:innen, die einiges an unseren antiken Gerätschaften ausprobieren und lernen konnten. Auch waren einige Teilnehmer:innen von 1qm Lein mit ihrer Leinenausbeute gekommen, um diese weiterzuverarbeiten. Ich hoffe, dass im nächsten Jahr noch mehr Menschen mit ihrem selbst angebauten Lein kommen. Die Gemeinschaft und der Austausch wachsen – ebenso wir das Wissen, was man, wenn die Faser gewonnen wurde, damit in kleinem oder auch größerem Ausmaß zu Hause herstellen kann.

Was hast du für Rückmeldungen von den Teilnehmer:innen bekommen?

Eine Teilnehmerin hat mir Fotos geschickt, was sie aus dem Werg (wir in Norddeutschland sagen dazu “Hede”) gehäkelt hat. Sie hat mir berichtet, wie sie das Werg zum Spinnen vorbereitet hat, denn es waren doch noch viele Schäben in der kurz am Boden liegenden Hechelfaser. Nicht, dass ihr Kleid nach dem Weben SCHÄBIG ist 😉

Das Werg hat sie kardiert und dann mit nassen Fingern versponnen. Dann hat sie 2 Fäden verzwirnt und danach alles einmal aufgekocht. Daraus wurden dann Untersetzer gehäkelt (Foto ganz unten im Beitrag).

Das ist eine sehr schöne Idee und wir vom Museum freuen uns im nächsten Jahr auf noch mehr Ideen und Austausch mit vielen Teilnehmer:innen, die Spaß an dem Wissen und der Verarbeitung und an alter Handwerkskunst haben.

Ein Teilnehmer hat am Ende des Brechfestes das übrig gebliebene Werg mitgenommen, um die Fenster seines Hauses abzudichten. Er vermischt außerdem Lehm mit den Schäben für den Lehmputz an seinem Haus.

Die Besucher haben auch noch versucht, die Faser mit der Handspindel zu verspinnen. Unser Museumsdrechsler hatte diese ein paar Tage zuvor für uns angefertigt. Es klappte nach einigen Versuchen schon ganz gut. Die Teilnehmer(innen) hatten offensichtlich viel Spaß dabei. 

Hier noch kurze Eckdaten zu meinem Anbau:

Aussaat: 24. April (etwas nach dem 100. Tag im Jahr). Die ersten Wochen haben wir Beikräuter entfernt und als der Lein ca. 30 cm hoch war,haben wir ihn mit einem Geflecht aus Band umzäunt, damit er uns bei dem starken Regen und Wind nicht kippt. Das haben wir einmal in 20 cm, 40 cm und auch in 80 cm Höhe gemacht. Zwischen den Reihen auch mal quer geschnürt, so dass ein Gitter entstand. Das hat sich bewährt, wir hatten kaum geknickte Halme. Gerauft haben wir an drei verschiedenen Terminen, da die unterschiedlichen Sorten nicht alle gleich ausgereift waren. Die erste Ernte war der Tango am 08. August gefolgt von Felice und Avian jeweils 2 Wochen später.

Wir haben den Lein in Garben zu Kapellen aufgestellt und 18 Tage trocknen lassen.
Danach geriffelt und ab in die Tauröste auf die Wiese gelegt. Diese war für alle Sorten ähnlich lang. Nach 17 Tagen konnten wir die ersten dickeren Halme aufnehmen, die dünneren folgten 5 Tage später. Dann ging es wieder zum Trocknen. Dafür wurde er Lein an einem Unterstand aufgehängt und wartete auf das Brechfest (Brakköst).

 

Text und Fotos: Susann Assenheimer, Einleitungstext und Zwischenüberschriften: Mona Knorr